10. April 2003 - Luzerner Rundschau

„Das Übel wird nicht beim Schopf gepackt“

Ab dieser Woche finden Sie, liebe Leserinnen und Leser der „Luzerner Rundschau“, regelmässige Beiträge von Kurt Haberstich, der als in Unterentfelden 1948 geborene Aargauer heute in Herlisberg/Luzern wohnt.

Bei einem Beitrag über die Arbeitslosigkeit in Luzern hat die LR Haberstich als stellvertretenden Amtsleiter im Kantonalen Arbeitsamt Luzern kennen gelernt. Dieser Kontakt führte dazu, dass uns Kurt Haberstich nun angeboten hat, seine Gedanken zum Krieg bei uns im Blatt zu veröffentlichen. Mit seinen Überlegungen, die er in Gedichtform vermittelt, will er „ein Zeichen setzen, dass mir der Krieg nicht gleichgültig ist. Ich klage dabei niemanden an, will nur aufzeigen, was Krieg bedeutet. Ein Zur-Wehr-Setzen der leisen Art!“

Keine Gleichgültigkeit aufkommen lassen
Der Schriftsteller aus Herlisberg findet es dabei „ganz schrecklich, wie man im Irak-Krieg taktisch vorgeht, in dem man die Leute nur soweit informiert, wie es die Eigen-Interessen erlauben,“ und damit riskiert, dass die Leute aus der Distanz eventuell eine falsche Meinung erhalten. Für Haberstich ist mit der eingeschlagenen Taktik „das Übel nicht beim Schopf gepackt – ich glaube, dass der Terror eher geschürt statt wirkungsvoll bekämpft werden kann. Denn ich kann mir vorstellen, dass jetzt auch in anderen Ländern die Moslems auf die Barrikaden gehen, beispielsweise 230 Millionen Indonesier.“
Haberstich weiter: „Schreckenstaten haben mich als Weltenbürger immer stark beschäftigt und aufgewühlt. Der Vietnamkrieg, der Krieg am Golf.“ Seine Gedanken zur Schreckensherrschaft können nicht verhindern, dass wir ohnmächtig daneben stehen. „Aber ich will die Leute anspornen, für den Frieden zu kämpfen und keine Gleichgültigkeit aufkommen zu lassen. Denn im Krieg gibt es nur Verlierer, keine Sieger.“

Auf über 1000 Gipfeln
Kurt Haberstich war aktiver Bergsteiger mit über 1000 Gipfelbesteigungen, bevor ein schwerer (Gleitschirm-) Unfall weitere Aufstiege auf seine leidenschaftlich geliebten Berge verhinderte. Als Ausgleich zum täglichen Beruf hatte er als sehr produktiver Bild- und Textautor (aber auch beispielsweise als Kursleiter im Angebot der Migros-Klubschule zum Thema „Speckstein“) ein ebenso intensives Betätigungsfeld aufgebaut, dem er noch heute frönt.

Haberstich schilderte eindrücklich seine „Abenteuer am Mount McKinley“ (1982), der kälteste Berg der Erde, 1983 die 60tägige Spitzbergen-Durchquerung, die Besteigung 1985 des Huascaran (6768 m) und schaffte 1988 den Alleingang durch den Hohen Atlas. Kaum ein Berg in den Alpen und Dolomiten – auch seiner „Heimat“! – den er nicht kennt. 1997 erschienen im Appenzeller Verlag seine „Bauernregeln im Jahreslauf“, dann im Weltbild-Verlag Olten 2000 der „Schweizer Bauernkalender 2001“, um nur einige wenige der viel beachteten Werke des Schriftstellers zu nennen. „Gedanken im Jahreslauf“ heisst der Arbeitstitel seiner aktuellen „Arbeit“. 366 Aphorismen, ein Buch über ein Jahr, mit Gedanken zu jedem Tag, sozusagen „ein immerwährender Kalender“.

Kurt Haberstich über sich: „Ich will nicht belehrend wirken!“

Irrsinn Krieg oder Lebewesen Mensch
Ethnische Säuberungen!
...und die ganze Welt schaut zu.
Systematische Massenvergewaltigungen!
...und die ganze Welt schaut zu.
Kindergemetzel!
...und die ganze Welt schaut zu.
Glaubenskonflikte!
...und die ganze Welt schaut zu.
Konzentrationslager!
...und die ganze Welt schaut zu.
Folterungen!
...und die ganze Welt schaut zu.
Gebrochene Waffenstillstände!
...und die ganze Welt schaut zu.
Weltweit unbegreiflich
schaut die ganze Welt zu!

Nichts dazu gelernt
Es gab Zeiten,
da zogen Männer in fremde Länder,
um Menschen zu töten,
die sie nicht kannten,
die ihnen nichts getan hatten,
mit denen sie sich nicht einmal verständigen konnten.
Weit weg vom Heimatland.
Das war damals
schon mehr als schlimm genug.
Heute
findet Krieg vor den Haustüren statt.
Kann Geschichte nichts lehren?

Peter Hauser