Begegnung mit Kurt Haberstich
Kurt Haberstich vorzustellen ist nicht einfach - er lässt sich nicht mit den üblichen Massstäben messen.
Irgendeinmal in seinem Leben schlug der Blitz ein. Er macht sich auf, verlässt den warmen Stall, begibt sich hinaus, dorthin wo die Natur noch Natur ist; hinauf, wo die Macht der Elemente noch erfahren werden kann.
Er wird Bergsteiger - aber kein gewöhnlicher Bergsteiger. Ihn lockt das Extreme - nicht die glatte Wand, die man in Wettkampfmanier mit Zeitmessung hinter sich bringt...
Zwar wird er ein aussergewöhnlicher Kletterer und Eisgänger - das für ihn jedoch nur Mittel zum Zweck ist. Ihm geht es darum, Tuchfühlung mit den Urgewalten zu bekommen - er sucht die totale Einsamkeit als Alleingänger, das Erlebnis des entfesselten Höhensturms, der kalten, einsamen Biwaknacht - als Mensch sucht er die Grenzen des Ertragbaren, des Erlebbaren auszuloten.
Wir finden Kurt Haberstich in den Alpen und Dolomiten, auf Spitzbergen, in der Einsamkeit von Eiswänden der Anden, am Mt. McKinley, dem kältesten Berg der Welt oder im marokkanischen Atlasgebirge...
Doch dann greift das Schicksal ein, zweimal schlägt es ihn nieder, als er am Gleitschirm nicht nur den hohen Gipfel, sondern das Weite des Himmelraums erfahren will. Unkalkulierbare Winde reissen ihn zu Boden. Er liegt da - verletzt, und als er wieder auf die Füsse kommt, weiss er, dass die Berge für ihn jetzt verschlossen sein werden. Er wird sie nur noch von weitem betrachten können.
Geblieben sind ihm allein die Erinnerungen und die tiefen Erfahrungen, die sich in der Seele eingeprägt haben. Und da beginnt für ihn ein neues Abenteuer - er steigt hinab in die Schächte seines Innern, beginnt zu graben und fördert kostbare Schätze zu Tage - Erfahrungen der Stille, Einsichten des Mensch-Seins, daran will er uns teilhaben lassen.
Er war ein Bergsteiger aus Leidenschaft, er suchte das Abenteuer auf unbegangenen Wegen...
Er ist ein Abenteurer geblieben, ein Sucher auf dem Weg zum Geheimnis des Lebens, das es immer wieder neu zu entdecken gilt.
Aus diesem Suchen heraus fliessen seine an Worten sparsamen Gedichte und Fotos von harmonischer Innerlichkeit. Ein reiner Quell, der zu sprudeln begonnen hat und der uns immer wieder aufs Neue überrascht.
Rudolf Burger
