(20. Oktober 2000)

Beat Rosenberg

Laudatio von Kurt Haberstich an der Vernissage von Beat Rosenberg in der Galerie Bianchi, 5035 Unterentfelden

Beat Rosenberg – Mittler zwischen Handwerk und Kunst
Wer Beat Rosenberg beim Malen über die Schulter sieht, ist erstaunt über die scheinbare Leichtigkeit einer “Bildentstehung“. Mit einer fast bestürzenden Kühnheit setzt er Pinselstrich an Pinselstrich, reiht wohlüberlegt Farbe an Farbe. Die Vorgehensweise ist perfekt. Nichts ist zufällig. Man spürt, das innere Bild ist fertig, wartet nur darauf umgesetzt zu werden, um leuchtend und energiegeladen zu erfreuen.
Doch so wie die Leichtigkeit täuscht, irrt der Beobachter, wenn er Rosenberg beim Gestalten seiner Bilder als unbeschwert und losgelöst einschätzt. Selten gelingt ihm ein Werk als so genannt “leichter Wurf“. Immer schwingt eine innere Unruhe, ein verpflichtendes Gefühl mit beim Ausformen seiner Inspirationen. Und immer nimmt da die Konzentration auf das Wesentliche überhand, fliesst ein Beseelen in den schöpferischen Akt. Vielleicht verleiht gerade dieses gesunde Mass an natürlicher Hemmung vor dem künstlerischen Schaffen seinen Werken die eigentümliche Anziehungskraft und uneingeschränkte Frische.

Aufzufallen jedoch, mit mancherlei Effekten sich von anderen abheben zu wollen, ist nicht Ziel von Rosenberg. Nie hat er sich irgendwelchen Trends oder modisch-spekulativen Varianten hingegeben, an welchen man sich meistens ohne nachhaltige Wirkung schnell satt gesehen hat. Er gehört zu den wenigen Künstlern, die die verschiedenen Maltechniken weiterentwickeln, dem Metier neue Impulse vermitteln und es dadurch zu einer neuen Blüte bringen. Rosenbergs Malerei ist strenges Handwerk. Und ein grosser Teil seines Schaffens liegt in der Freude an diesem Handwerk. Diese Haltung, welche längst zu einer Philosophie geworden ist, dient nie dem Selbstzweck, sondern trägt lediglich dazu bei, sich bis zum äusserst Möglichen mit dem Bildgeschehen zu identifizieren. Eine solche Einstellung zur Malerei ist selten geworden. Daher ist Beat Rosenberg ein begnadeter Mittler zwischen Handwerk und Kunst.

Das Leben in seiner südlichen Wahlheimat hat sicherlich die Vorliebe zu natürlicher Intensität und erdhaften Bildern gefördert. Neben den Themen der einfachen, lebensfrohen Art des Landvolkes beschäftigt ihn seit Jahren die Landschaft in ihrer wechselvollen Erscheinungsform. Denn viele seiner Motive repräsentieren die Natur in vorbildlicher Strahlkraft, lassen die Darstellungen zu einer Augenweide anwachsen. Die Kompositionen all dieser Werke entfalten sich zur harmonischen Einheit zwischen dem oft entbehrungsreichen Dasein der Einheimischen, der Genügsamkeit des Landlebens, dem überflutenden Licht des Südens und der Leuchtkraft der Farben. Jede seiner Wiedergaben schliesst als Einheit ab und lässt das Vollendete zu einem Farbereignis anschwellen.
Ebenso bemerkenswert sind seine Abstraktionen. Es ist wie ein Verschmelzen von Ursprünglichem und Neuzeitlichem, Vergehendem und ewig Währendem im ideellen Raum. Mit sicherer Abgrenzung wird das Wesentliche erfasst und der Leerraum gekonnt als Spannungselement eingesetzt. Bildbetrachtende sind gleichermassen begeistert wie der Künstler beim Kreieren gefordert ist.

Beat Rosenberg – Darsteller der Einfachheit
Eine der grossen Stärken von Beat Rosenberg ist das Darstellen der Einfachheit. Sein gesamtes Œuvre könnte somit durchaus unter das Motto “Alles ist einfach“ oder wie er selbst immer wieder betont “Alles ist noch einfacher“ gestellt werden. Ein Text beispielsweise kann sich dahinziehen wie ein künstlich dahinschleichender Fluss. Ein Bild von Rosenberg zeigt, was Natürlichkeit ist. Seine Kompositionen sprühen von immerwährender Frische, von Verwurzelung und Erdhaftigkeit, von Urkraft und Intensität, von Beständigem und Vergehendem sowie von intensiver Freude am Anspruchslosen überhaupt.

In seinen Wiedergaben wird jedes Wasser zur sonnendurchfluteten und lebenserhaltenden Kraftquelle, schiessen Bäume wie leuchtende Eruptionen in den überdachenden Himmel, steht der Mensch als eigenständige Persönlichkeit im Mittelpunkt, verwandeln sich Landschaften in Farbsymphonien, überrascht der Formenreichtum der Blumen, verbindet sich das Ideologische mit dem Gegenständlichen und wird zum beschaulichen Genuss. Dieser Umfang, diese verschwenderische Vielfalt von derart lebendiger Gestaltungsweise, ruft allseitig echtes Staunen hervor und verdient neidlose Anerkennung.

Rosenberg steht im Einklang mit der Natur und setzt sich, ungeachtet der verschiedenen Tendenzen, fortlaufend mit dem Einfachen auseinander. Ungehindert von Klischee und Eitelkeit ist der Weg offen für Freimut und Klarheit, für die Wunder des Lebens. Grossmütig misst er dem Geringen hohen Stellenwert bei, erteilt dadurch allem Natürlichen innige Zuwendung die seinesgleichen sucht. Er erkennt die Farbigkeit des Lebens, erlebt die Fülle des Daseins, erfasst die Vielfalt der Möglichkeiten. Er hat das Urvertrauen in die Natur noch nicht verloren. Im Gegenteil, auf der steten Suche nach dem Echten kultiviert er das Naturgemässe seiner flächigen Ausdrucksweise, erschliesst den Wahrnehmenden erholsame Oasen, verhilft ihnen zu Atempausen, in denen sie ihre Seele baumeln lassen können.

Ein unstillbarer Tatendurst und eine unermüdliche Gestaltungsfreude müssen jeweils seine Hand beherrschen, wenn er unbeirrbar und zügig den Pinsel ansetzt - sich von seiner Mallust “verführen“ lässt. Immer glauben wir, dass er bei seinen Neuerungen den Gipfel seiner Begabung erreicht hat, unmittelbar bezwungen durch seinen wachen Geist und durch den Zauber seiner Leidenschaft, denn in seinen Ausführungen stellt er die Leidenschaft aller Natürlichkeit dar. Rosenberg aber hat inmitten seines anschaulichen Zusammenspiels, in dem Zeit- und Bildebenen verschmelzen, Wurzeln geschlagen, und diese Wurzeln haben Raum gefunden, in dem weitere Entfaltung auch unter fordernden Umständen möglich ist. Er widersteht dem Festfahren, erliegt weder dem Beifall noch gibt er sich mit dem bisherigen Ergebnis zufrieden.
Beat Rosenberg braucht die Freiheit, immer weiter wachsen und sich wieder und wieder neu entfalten zu können. Dieses dauernde Loslassen und das Bewusstsein, dass jeder Augenblick unwiederbringlich ist, stärkt sein Gefühl und lässt ihn seine eigene Identität finden.

Wie bis anhin stehen auch die Bilder dieser Ausstellung wieder am Ende eines intensiven Schaffensweges - und am Beginn einer neuen künstlerischen Entwicklung im Werk Beat Rosenbergs.