Laudatio von Kurt Haberstich an der Vernissage von Ursula Laustela, Schfisheim, Keramik und Kurt Schärer, Gontenschwil, Bilder in der Dorfschmitte Möriken
Freitag, 12.Februar 1993, 19.00 Uhr
Sehr geehrte Damen und Herren
Liebe Freunde des Kunsthandwerks und des kreativen Schaffens
Ich begrüsse Sie zur heutigen Vernissage und heisse Sie im Namen der beiden Galeristinnen Heidi Halder und Hedi Baudenbacher sowie den ausstellenden Künstlern, der Töpferin Ursula Laustela, Schafisheim und dem Idyllenmaler Kurt Schärer aus Gontenschwil herzlich willkommen.
Wo könnte das Resultat kreativen Schaffens besser zur Geltung gebracht werden, als hier, in der heimeligen Dorfschmitte Möriken. Diente doch dieser Raum bereits früher während Jahrzehnten dem Schmied, unter Funkensprühen und Hammerschlägen seine Idee- und Formenwelt dem starren, rohen Eisen aufzuerlegen; also ein Bedürfnis, mit den Händen etwas zu gestalten, handwerkliches Können und Empfindungen mit dem verarbeitenden Material zu verbinden.
Man könnte die Ausstellung unter den Begriff „Farben und Formen als Herausforderung„ stellen, denn sowohl bei Ursula Laustelas selbst gestellten Mottos als auch bei Kurt Schärers Sujets stehen Farben und Formen im Vordergrund.
Ursula Laustela, Schafisheim, Keramikerin
Ursula Laustela wohnt und arbeitet in Schafisheim. Bereits als Kind steckte in ihr das Bedürfnis, mit den Händen etwas zu gestalten. Waren es in jüngeren Jahren selbst genähte Kleider für die Familie, wurde später neben dem textilen Schaffen der Ton zu ihrem Lieblingsmaterial. Für sie bietet Ton unerschöpfliche Möglichkeiten, sei es in der Verarbeitung, in der Formgebung oder in den verschiedenen Techniken des Dekors. Die Töpferei versteht sie als Ur-Handwerk, als die Kunst, aus einem Klumpen Ton eine Form zu gestalten, nur mit den Händen als einziges Werkzeug. So ist es nicht verwunderlich, dass sie konsequent auf die Verwendung einer Drehscheibe verzichtet. Ihre Arbeitsweise beruht auf dem Handaufbau, Wulst um Wulst, anschliessend verstrichen, geglättet, nach Gefühl verziert und wenn sie es für notwendig hält, glasiert. Harmonie und Balance in einem Gefäss zu suchen bedeutet für sie stets neue Herausforderung. Ob sie die Gefässe symmetrisch oder frei gestaltet, immer macht sie die Ausgewogenheit der Gesamterscheinung zur Aufgabe.
Grossen Wert legt sie dabei auch auf die Farbe: die eigenartige braunschwarze, warme Färbung dazu der seidige Glanz entstehen durch den Rauchbrand mit Roggenstroh.
Ob bauchige Formen oder Steinzeug-Platten, bewusst verzichtet sie auf schnelllebige Modegegenstände, haltet sich an die Klassik und entnimmt die zur Verzierung gewollten Zeichen und Symbole aus christlichen, keltischen und chinesischen Kulturen.
Bei aller Beachtung fällt auf, dass jede einzelne Form gewachsen ist, also nicht nur „hergestellt“ wurde. Ihre Objekte sind deshalb mit Absicht nicht ganz perfekt im Sinn von technischer Linienführung, sondern eher perfekt dem Natürlichen, dem vollendeten Werden entsprechend.
Wertvolle Unterstützung zu diesen Arbeiten erhielt sie in Finnland an Volkshochschulkursen bei bekannten Keramikerinnen. Danach erfolgte ihr Schaffensweg vorwiegend autodidaktisch.
Nach der Ausstellung 1990 im Museum Schneggli in Reinach, der weiteren 1992 im Forum Seon ist dies die dritte Veranstaltung, an der sie ihr breites und anspruchsvolles Schaffen präsentiert.
Kurt Schärer, Gontenschwil, Veduten- und Idyllenmaler
Während Klassenkameraden das Turnen als liebstes Fach betrieben, war das für Kurt Schärer ein Gräuel. Sein Lieblingsfach war Zeichnen und es bedeutete ihm weit mehr als die Pause. So lag es auf der hand, dass er einen Beruf in dieser Richtung anstrebte. Seine Wahl fiel auf Retuscheur. Die heute anerkannten Kunstmaler Fritz Strebel und Heinz Balmer waren seine damaligen Zeichenlehrer.
1965 war ein Wendepunkt in seiner beruflichen Laufbahn. Er eröffnete ein „Fotografisches Etablissement“. Vielleicht lag es an der Kombination von Photo- und graphischer Branche, dass er als Veduten- und Idyllenmaler - wie er sich selbst ironisch bezeichnet – ein Perfektionist in der Wiedergabe seiner Vorstellungen wurde. Nichts auf seinen bis ins letzte Detail gestalteten Bildern überlässt er dem Zufall. Jeder Strich, jeder Schatten, Lichtspiele und Farbnuancen, die er mit seinen nadelspitzen Farbstiften ausführt, ist kontrolliert. Wo für ihn auf dem Bild etwas hingehört, zeichnet oder malt er es hin. Experimentieren duldet er nur als Studiumszweck oder als Abwechslung zu seiner stets konzentrierten Arbeit, nie aber integriert in eine Bildentstehung. Daher sind seine fertig gestellten Werke auch immer fertig, bedürfen bei eingehendem Betrachten selbst nach Jahren keiner Korrektur. Vergleicht man beispielsweise seine Landschaftsbilder mit vorgängig von ihm belichteten Fotos, wird man weder geografische, farbliche, formliche oder proportionale Abweichungen feststellen können. Seinem geschulten Auge entgeht auch das scheinbar Unwesentliche nicht. Und das ist seine Stärke. Was hingegen ins Auge sticht, ist, dass seine teils während monatelanger Sisyphusarbeit entstandenen Werke keine Momentaufnahmen darstellen, sondern lebendige Impressionen vermitteln, echte, gewachsene Natur wiedergeben. Seine Art zu malen und zu zeichnen stellt für ihn weder Kunst noch Wissenschaft dar. Für ihn ist es eine Technik, und auf was es ihm dabei ankommt ist: Damit innere Bilder umsetzen und den Mitmenschen Freude bereiten. seine Naturverbundenheit und seine selbstkritische Art gestatten es ihm, ehrliche Bilder, so genannte „Heile Welt“ oder besser mit seinen Worten ausgedrückt, „Naivität“ von früher in die heutige hektomatische, vertechnisierte Zeit hinüberzuretten. Darüber hinaus ist er immer selbst wieder erstaunt, was für eine Faszination seine gemalten Bilder auf die Menschen ausüben.
Als jungen Mann zog es ihn zu den „Modernen“ und er bejubelte deren Vorreiter. Mit den Jahren wand er sich jedoch immer mehr von dieser Stilrichtung ab. Zuviel Überheblichkeit und Effekthascherei war seiner Ansicht nach darin enthalten. Mehr und mehr rückten für ihn Deutsche Romantiker in den Vordergrund. weniger ihrer Ideologie wegen, als durch ihr handwerkliches Können. Und obwohl er kein Kopist ist, nie einer werden wird und nie die grossen Meister nachzuahmen versuchte, ist es ihm gelungen, mit seinem eigenen Stil ebenbürtige Werke zu gestalten.
Neben der Ausstellung 1991 im Webereimuseum in Schmiedrued, ist dies die zweite Präsentation seines Schaffens.
Möge den beiden Kunstschaffenden Ursula Laustela und Kurt Schärer die Quelle der Kreativität noch lange nicht versiegen, damit ihre Werke später anderorts gleiche Freude und Wertschätzung bei der Betrachtung hervorbringen, wie sie es bestimm hier in der Dorfschmitte Möriken vermögen
Kurt Haberstich, Oftringen